
Sehen, Sagen, Tun
Es wird das getan, was gesagt wird. Ruth Schmidt, Tilman Aumüller, Bettina Földesi und Jacob Bussmann sind davon überzeugt, dass schon das Theatermachen an sich Handlung ist. Was genau sie damit meinen, erklären die Gießener im Interview.
“Macchia”, Sonntag, 25. Mai, 15 & 17 Uhr
In der Ankündigung Eures Stücks Macchia heißt es: Jemand sagt: „Jemand geht zur Wand und“ – und jemand geht zur Wand. Was hat es damit auf sich?
In unserem Stück gibt es eine Grundregel, die lautet: Was gesagt wird, muss auch getan werden. Wenn jemand sagt „geh über die Bühne“, wird auch jemand über die Bühne gehen.
Gut, das ist relativ einfach zu verstehen. Aber was bezweckt Ihr damit?
Durch diese Spielweise entsteht eine Doppelung von Sprechen und Ausführen – oder, anders gesagt: Sprache und Handlung sind auf unterschiedlichen Ebenen das Gleiche in unserem Stück. Wir glauben, dass es eine große Lust gibt, genau das zu sehen, was man auch erwartet. Durch die Handlungsanweisungen ergibt sich eine Art offengelegte Choreographie, die eine Bewegungsebene sichtbar macht, aber auch eine Geschichte erzählt. Wir hoffen, dass beim Zuschauer im Kopf ein Zusammenspiel stattfindet – zwischen dem, was gesagt wird und dem, was auf der Bühne passiert.
Was ist für Euch das Spannende an diesem Zusammenspiel?
In unseren Gesprächen bei den Proben, aber auch schon vorher, hat uns immer wieder die Frage beschäftigt, wie man das Produzieren eines Produkts und das Produkt selbst überhaupt voneinander abgrenzen kann. Wo fängt das eine an und wo hört das andere auf? Übertragen auf unsere Arbeit bedeutet das: Vier gleichrangige Erzähler versuchen, eine Handlung zu generieren und der Versuch, die Handlung zu erschaffen, ist dabei schon die Handlung selbst.
Ist das nicht auch eine Art Bloßlegen des Theaterapparats?
Es ist kein Spiel mit einer bestimmten Form von Illusion – es ist das, was es ist. (allgemeines Lachen) Um eine Selbstreflexion auf Theatermittel geht es uns dabei aber nicht. Es geht eher darum, dass ja auch das Theatermachen eine Handlung ist und damit eine Geschichte erzählt. Eine Grundfrage unseres Stückes lautet daher: Was wäre, wenn es keinen Unterschied zwischen Text und Welt, bzw. zwischen Theater und Welt, geben würde? Wenn also alles, was ich denke, auch sofort Wirklichkeit wird und wir gewissermaßen distanzlos an der Welt kleben. Was wäre dann? Vielleicht stellt unsere Arbeit diese Frage.
Was erhofft Ihr Euch von der Teilnahme am Körber Studio Junge Regie?
Wir sind alle noch nie dort gewesen und vor allem neugierig darauf, was und vor allem wie die anderen arbeiten. Wir hoffen, dass bei Tischgesprächen und in offenen Diskussionsrunden, die es ja geben wird, ein Austausch stattfindet, also ohne Wettbewerbs- und Konkurrenzgedanken.
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Ursprünglich ist dieses Interview im Fall-Magazin erschienen. Eine gedruckte Ausgabe der Interviews ist auf dem Festivalgelände erhältlich.